Ein Theaterschmaus.

Eines darf zwischen all den Herbstartikeln nicht fehlen : das Theater. Es ist eine großartige Zeit. Die Kreationen überschlagen sich, der Agenda quillt an Ideen und Terminpuzzlen fast über. Doch, das es sich lohnt, hat sich in den letzten Tagen einmal wieder nur zu deutlich gezeigt.

Traviata – vous méritez un avenir meilleur

Wo ? Im Théâtre des Bouffes du Nord, 37bis Boulevard de la Chapelle, 75010 Paris

Bis zum 15.Oktober 2016

Ganz ehrlich? Vermutlich eines der besten Stücke der rentrée ! Zweimal flossen mir die Tränen, das Herz lachte oft auf, die Augen staunten und genossen die Ästhetik der mise en scène. Wer die Traviata schon einmal auf einer Opernbühne gesehen hat, weiß aus Erfahrung, dass die Geschichte die tragischen Schlüsselelemente einer Operngeschichte in sich trägt: Liebe, Geld, Familienehre, Väter, Verlust, Einsamkeit, Tod. In Benjamin Lazars Inszenierung treten diese Themen ebenfalls zum Vorschein, aber auf eine so sanfte Weise, dass ihre Brutalität den Zuschauer erst recht wie einen Hammerschlag treffen. Fünf Schauspieler, acht Musiker lustwandeln auf der mit Blumen verzierten Bühne auf und ab, singen mit Leidenschaft – erzählen diese tragische Liebe mit so viel Innbrunst und Güte, dass man das Gefühl hat, dazuzugehören. Keine großen Ballroben, barfuß und leicht liebt und verliert Violetta, von der bezaubernden Judith Chemla gespielt, nach zwei Stunden. Alfredo, Damien Bigourdan, ist zum Verlieben (und hat eine großartige Singstimme). Die acht Musiker spielen, notenlos, einen vereinfachten Verdi. Die erste Szene ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, doch sobald sich Violetta und Alfredo begegnen, beginnt ein Spiel aus Koketterie und Poesie. Hin-und wieder erinnert es an ein Jahrmarktstheater, an eine umherziehende Truppe. Es hat auch etwas von der Hippiezeit : Liebe, Liebe, Freude, Drogen (die der Arzt vor einer Feier an die Gäste verteilt). Ach, es ist so charmant. Versucht einen Platz zu bekommen oder schaut, ob es in eurer Nähe spielt – ihr werdet es lieben. Promis !

http://www.bouffesdunord.com/fr/la-saison/traviata

Seuls

Wo ? Im Théâtre national – La Colline

Bis zum 9.Oktober 2016

Ich hatte in der letzten Saison Mouawads Phèdre mit Isabelle Huppert im Odéon gesehen und war von der ersten Minute an hingerissen. Brutalität und tragischer Zynismus gaben sich die Hand und ließen sich nicht mehr los. Als Mouawad daraufhin zum Direktor der Colline benannt wurde, sah ich gespannt auf eine Saison voll Kreativität und Unbekanntem hin. Und das kam, gleich alles zusammen, in « Seuls » von und mit Wajdi Mouawad. Alleine auf der Bühne, erzählt er, ein 35-jähriger angehender Doktorant, von seiner These über Robert Lepage und die Identitätsfrage. Hin-und hergerissen zwischen den Vorträgen seines Vaters und seiner Dozenten, passieren so manche Dinge. Auch hier gehen Brutaliät und Zynismus wieder ineinander über und man lacht über Bemerkungen, die, im Nachhinein betrachtet, ziemlich bitter schmecken. Ich möchte nicht zuviel von der Handlung verraten, denn ihr Überraschungseffekt ist einzigartig. Alles kommt durcheinander und wird plötzlich auf Grundideen zurück geführt. Fragen, wie « Wieso folge ich nicht meinen eigentlichen Ideen und mache etwas, das mich wahrhaftig glücklich macht? », « Wozu alles in Worte packen? », « Was oder wer möchte ich sein? » fliegen wie Sternschnuppen durch den Saal und explodieren am Ende in einem Farbkasten.

http://www.colline.fr/fr/spectacle/seuls

Neugierig geworden? Dann ab mit euch ins Theater. Genießt, schwelgt, aalt euch in Gefühlen, Lachern und Eindrücken.

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